Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Magdalene Schoch Magdalene Schoch, eigentlich Maria Magdalena

(15.2.1897 Würzburg – 6.11.1987 Falls Church/Virginia (USA))
Juristin, erste in Deutschland habilitierte Juristin (1932)
Erikastraße 118 (Wohnadresse)
Amerika-Bibliothek, heute: Am Sandtorkai 48 (Wirkungsstätte)
Institut für Auswärtige Politik, heute: Institut für Internationale Angelegenheiten: Rothenbaumchaussee 33 (Wirkungsstätte)


4012 Magdalene Schoch
Magdalene Schoch, Quelle: Universität Hamburg, Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte

Die Juristin Frau Magdalene Schoch ist für Hamburg aus verschieden Gründen eine besondere Mitbürgerin gewesen, zusammenfassend und kurz gesagt:
- war sie die erste habilitierte Juristin in Deutschland an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät - der Fakultät Rechtswissenschaften der Universität Hamburg
- hat sie maßgeblich am Ausbau des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Universität Hamburg mitgewirkt
- hat sie sich als Frau und Hamburger Bürgerin aktiv am Widerstand gegen die Nationalsozialisten beteiligt
- und war in Person eine Vorreiterin für die Vereinbarkeit und das Selbstverständnis von Frauen im Beruf, was auch nach 80 Jahren Zeitgeschichte aktueller denn je ist.
Magdalene Schoch entstammte dem Bildungsbürgertum, Vater Tuchhändler, Mutter vor der Heirat Erzieherin, die sich frauenpolitisch engagierte. Magdalene Schoch hatte vier Geschwister (drei Schwestern, einen Bruder). Der Bruder starb Ende 1914 als Soldat im Ersten Weltkrieg. Der Vater hatte sich im selben Jahr das Leben genommen. Trotz der nun finanziellen engen Verhältnisse begann Magdalene Schoch nach dem Externenabitur am Würzburger Realgymnasium im Jahre 1916 an der Universität Würzburg Jura zu studieren. 1920 promovierte sie bei ihrem Doktorvater, dem Völkerrechtler Albrecht Mendelssohn Bartholdy mit einer Arbeit über die englische Kriegsgesetzgebung. Sie folgte ihrem Doktorvater als Assistentin an die frisch gegründete Hamburger Universität. Für die Fakultät Rechtswissenschaften war sie maßgeblich am Aufbau des von Mendelssohn Bartholdy geleiteten Seminars für Auslandsrecht, Internationales Privat- und Prozessrecht beteiligt und organisierte die Fachbibliothek, daneben verfasste sie zahlreiche Rechtsgutachten in Zweifelsfragen des internationalen Rechts für Anwälte und Gerichte.
Außerdem wurde sie 1923 Mitarbeiterin in Albrecht Mendelssohn Bartholdys „ Institut für Auswärtige Politik“, welches dieser mitbegründet hatte und das zu den ersten weltweit zählte, das Friedensbedingungen erforschte. Daher ging es neben der wissenschaftlichen Forschung am Institut vor allem auch um die Herstellung und Pflege internationaler Beziehungen, nicht zuletzt um einen dauerhaften Frieden gewährleisten zu können.
„1929 gehörte die Juristin zu den Gründungsmitgliedern der ‚Gesellschaft der Freunde der Vereingten Staaten‘, deren erstem geschäftsführendem Vorstand sie gemeinsam mit Mendelssohn Bartholdy, Kurt Sieveking, Erich M. Warburg und Otto Laeisz angehörte und deren Organ sie herausgab: die zweisprachige ‚Hamburg-Amerika-Post‘ (ab 1931: ‚Amerika-Post‘) (…). Zudem übernahm sie die Leitung der 1930 gegründeten Amerika-Bibliothek, einer Spezialbibliothek für Amerikanisches Recht und Politische Wissenschaft im Neuen Rechtshaus.“ [1])
Ab 1931 amtierte sie als Gründungspräsidentin des ZONTA-Clubs in Hamburg, ein internationaler Zusammenschluss berufstätiger Frauen. Außerdem rezensierte sie in der bedeutenden Zeitschrift „ Europäische Gespräche“ und war Herausgeberin, Übersetzerin und Kommentatorin für die kritische Ausgabe der „Haager Schiedssprüche zum Dawes-Plan“.
Magdalene Schoch gehörte auch zu den Initiatorinnen der „Hamburger Frauenfront gegen Nationalsozialismus“ (Frauenfront 1932).
„Im November 1932 habilitierte sich Schoch an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Hamburgischen Universität und wurde Privatdozentin für Internationales Privat- und Prozessrecht, Rechtsvergleichung und Zivilprozessrecht – ein Meilenstein auf dem Weg von Frauen in die männerdominierte Wissenschaft.“ [1]) Ihre Habilschrift beschäftigte sich mit dem Thema „Klagbarkeit, Prozessanspruch und Beweis im Licht des internationalen Rechts“. Mit ihrer Habilitation hatte Magdalene Schoch als erste Frau die so genannte „venia legendi“ (Lehrberechtigung) an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät in Deutschland inne.
Die Nazifizierung der rechtswissenschaftlichen Fakultät führte zu zahlreichen Einstellungen und Auflösungen der Publikationen und Organisationen die Magdalene Schoch herausgegeben hatte bzw. in denen sie gewirkt hatte. Nachdem Albrecht Mendelssohn Bartholdy entlassen worden war, „wurde sie zunehmend isoliert. Nun war es ein Akt der Zivilcourage, die 1934 erscheinende Buchfassung ihrer Habilitationsschrift mit einer Widmungsseite für den nach England emigrierten Gelehrten zu versehen. Als sie im November 1936 an Mendelssohn Bartholdys Trauerfeier in Oxfort teilnahm, gefährdete sie ihre Anstellung. Der Aufforderung, der NSDAP beizutreten, begegnete Schoch 1937 mit der Kündigung ihrer Stelle und der Aufgabe der Dozentur.“ [1]). Magdalene Schoch emigrierte noch im selben Jahr in die USA. Dort wurde sie von einem ZONTA-Mitglied finanziell unterstützt. 1938 „erhielt sie eine spärlich bezahlte Anstellung als Forschungsassistentin an der Harvard Law School. Fünf Jahre später wechselte die Juristin nach Washington, um einen Beitrag zum Krieg gegen NS-Deutschland zu leisten. In der Regierungsbehörde Foreign Economic Administration beschäftigte sie sich u.a. mit Rechtsfragen einer künftigen Besatzungspolitik in Deutschland und arbeitete eng mit dem emigrierten Politikwissenschaftler Ernst Fraenkel zusammen. Im August 1946 nahm sie eine dann 20 Jahre währende Tätigkeit als Sachverständige für Internationales und Ausländisches Recht im US-Justizministerium auf und machte dort in leitenden Funktionen Karriere. (…) Im Anschluss an ihre Pensionierung arbeitete sie bis ins hohe Alter als selbstständige Anwältin und Gutachterin in der US-amerikanischen Hauptstadt.“ [1])
2006 wurde der Hörsaal J im Hauptgebäude der Universität Hamburg in Magdalene-Schoch-Hörsaal umbenannt. Anlässlich des am 21. November 2012 durchgeführten Festaktes der Fakultät Rechtswissenschaften der Universität Hamburg zu Ehren von Magdalene Schoch unterbreitete die amtierende Senatorin der Behörde für Justiz und Gleichstellung Jana Schiedek den Vorschlag, eine Verkehrsfläche nach Magdalene Schoch zu benennen.
Auch das Habilitandinnen-Förderprogramm der Fakultät Rechtswissenschaften der Universität Hamburg, welches im Rahmen des oben erwähnten Festaktes erstmals öffentlich vorgestellt wurde, soll nach Magdalene Schoch benannt werden.