Anke Kuhbier Anke Kuhbier, geb. Heller
(1.1.1943 Berlin – 30.7.2018 Hamburg)
Politikerin, Autorin und Übersetzerin von Gartenbüchern
Hütten 61 (Wohnadresse)
Fuhlsbüttler Straße 756, bestattet auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: T 29, 270-271
Zu Ende des zweiten Weltkrieges musste die zweijährige Anke Heller mit ihrer Mutter und ihrer Schwester aus Brandenburg auf einem Elbkahn nach Hamburg fliehen. Der Aufenthalt ihres Vaters und der der älteren Brüder – insgesamt gab es sieben Geschwister - war auf Grund der Kriegswirren damals unbekannt. In Hamburg angekommen, bekam die Familie eine Wohnung in Blankenese zugewiesen, die damals einen großen Garten hatte, in dem Obst und Gemüse angebaut wurden und wo auch Rosen blühten. So lernte Anke Heller schon in jungen Jahren die Wonnen eines Gartens kennen.
Nach dem Besuch des Bertha-Lyzeums in Groß Flottbek ging Anke Heller auf die Kunstschule am Alsterdamm, um Gebrauchsgrafikerin zu werden. Doch die Ablenkung in „Gestalt“ von Künstler-Partys war groß und das Schulgeld teuer. So entschied der Vater, seine Tochter von der Schule zu nehmen.
Im Alter von 21 Jahren kehrte Anke Heller ihrem Elternhaus den Rücken, um in die Welt zu ziehen. In Amerika arbeitete sie als Housemaid und brachte es dabei bis zu Buttlerdiensten in einem Villenhaushalt in Bel Air, wo sie am Tisch servierte und Cocktails für die Gäste, zu denen z. B. Judy Garland, Gary Cooper und Clark Gable gehörten, mixte. In dieser Zeit heiratete sie zum ersten Mal, wurde Mutter eines Sohnes, bekam einen scharfen Blick für soziale Ungerechtigkeiten und politisierte sich angesichts des Vietnamkriegs immer mehr.
Zweieinhalb Jahre lebte sie in Amerika. Nach dem Tod ihres Mannes, kehrte Anke, verwitwete Mac Arthur, mit ihrem Sohn Tom nach Hamburg zurück. Hier jobbte sie in verschiedenen Anstellungen, trat 1967, im Alter von 24 Jahren in die SPD ein, heiratete 1970 den drei Jahre älteren Juristen Jörg Kuhbier (von 1983 - 1987 Senator für Wasserwirtschaft, Energie und Stadtentsorgung und bis 1991 Senator der Umweltbehörde) und bekam mit ihm einen weiteren Sohn und eine Tochter.
Anke Kuhbier begann sich politisch stark zu engagieren - Haushalt und Versorgung der kleinen Kinder teilte sich das Ehepaar. Sie wurde Beisitzerin im Juso-Landesvorstand, dann Mitglied der Bezirksversammlung Hamburg-Eimsbüttel. Dieses Amt führte sie 15 Jahre lang aus, davon sieben Jahre als Vorsitzende. Diese Tätigkeit und ihre Arbeit im SPD-Distriktvorstand, Landesvorstand, Kreisvorstand, als Kreisvorsitzende, Landes- und Kreisdelegierte, Kassiererin sowie Bundesparteitagsdelegierte qualifizierten sie für die Hamburgische Bürgerschaft. Zwischen 1991 und 1997 war sie Bürgerschaftsabgeordnete und legte dort ihre politischen Schwerpunkte in die Bereiche Schule und Kultur. Als Berufsbezeichnung gab sie in dieser Zeit „Hausfrau“ an.
Über ihr politisches Engagement in der Kommunalpolitik resümierte Anke Kuhbier in einem Gespräch mit der Journalistin Heike Gätjen für das Hamburger Abendblatt: „In die Kommunalpolitik habe sie sich in den Siebzigern voll reingeschmissen. Mit unheimlichem Spaß. Dieser direkte Draht zur Verwaltung. Den Umgang mit den sogenannten Sachzwängen. Der direkte Einfluss darauf. Der Kampf gegen zugepflasterte Gehwege, der Einsatz für Tempo 30 in Wohnstraßen.“ Und Heike Gätjen schreibt weiter: „ Damals verdiente Anke Kuhbier sich ihren Ruf als die Frau mit der scharfen, gefürchteten Zunge. Vielleicht sei das ein Fehler, sagt sie, immer alles auszusprechen, was man denken, aber lieber nicht sagen sollte. Beschönigend könnte man sagen, sie sei geradeheraus. Negativ ausgedrückt sei das undiplomatisch und verletzend. Und diese Intrigen in der Politik, sagt sie. Das seien ziemlich abstoßende Hintergrunderfahrungen.“ (Artikel im Hamburger Abendblatt vom 20.3.2008 unter dem Titel: Ein Rosengarten zum Geburtstag. Heike Gätjen trifft jede Woche Menschen aus Hamburg. Heute Anke Kuhbier, Gründerin der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur)
Nach ihrem Ausscheiden aus der Bürgerschaft wurde Anke Kuhbier eine Zeitlang Deputierte der Kultur- und der Baubehörde, verließ damit also nicht das politische Parkett.
Aber es gab noch ein weiteres, für sie wichtiges Betätigungsfeld: die Gartenkultur, wobei ihre besondere Liebe den Rosen galt.
In dem bereits oben erwähnten Gespräch mit Heike Gätjen stellte Anke Kuhbier den Zusammenhang zwischen Partei (SPD) und Rosen her: „Beide seien rot, sagt sie lachend, beide könnten einen ordentlich verletzen, aber man könne sie auch lieben.“ (Heike Gätjen, a. a. O.)
Ihre Lieblingsrose war die karminrosa und purpur blühende und einen betörenden Duft ausströmende "Madame Isaac Pereire". Selbst besaß Anke Kuhbier einen ca. 10.000 qm großen Garten an ihrem im Jahr 1699 erbauten Bauernhaus in Kulpin bei Ratzeburg. Über ihre Motivation zum Gärtnern befragt, antwortete sie in einem Zeitungsinterview: „Ich bin einfach gern in der Natur, deshalb verbringe ich so viel Zeit in meinem Garten."
Aber durch die Gartenarbeit konnte Anke Kuhbier auch gut von der politischen Arbeit abschalten. So äußerte sie einmal: "Ohne meine Gärtnerei hätte ich 30 Jahre Politik nicht ertragen." Dennoch fand sie erst im Alter von 40 Jahren zur Gartenkultur. So heißt es in einem Artikel von Anne Klesse unter dem Titel: Anke Kuhbier - Rosen sind ihre Leidenschaft, veröffentlicht im Hamburger Abendblattes vom 8.7.2004, aus dem auch die beiden oben angeführten Zitate stammen: „ Obwohl sie einen grünen Daumen von ihrer Mutter geerbt hat, interessierte sie sich lange Zeit nicht für Blumen. ‚Das fand ich im Gegensatz zu Gemüse luxuriös: Arbeit hineinzustecken, ohne etwas zu ernten.‘ Erst mit 40 entdeckte sie die Gartenarbeit für sich. ‚Wenn die Kinder aus dem Haus sind, merkt man, wie schön es ist, Pflanzen liebevoll zu pflegen‘.“ www.abendblatt.de/hamburg/article106884335/Anke-Kuhbier-Rosen-sind-ihre-grosse-Leidenschaft.html
Aber auch bei der Beschäftigung mit Gartenkultur trat das Politisch-Kämpferische bei Anke Kuhbier zu Tage. So stritt sie z. B. für den Erhalt des Rosengartens in Planten un Blomen. Und als der elterliche Garten der Schriftstellerin, Reformpädagogin und Rosenspezialistin Alma de L’Aigle am Appener Weg 3 bebaut werden sollte, bildete Anke Kuhbier eine Initiative, um den Garten zu retten. Dadurch konnte 1988 ein Drittel des Gartens als Naturdenkmal erhalten bleiben, der heute zum St. Anschar-Stift gehört und in dem immer noch einige sehr selten gewordenen Apfelsorten blühen.
Anke Kuhbier gründete die „Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e. V.“ mit und wurde deren langjährige Vorsitzende und später Ehrenpräsidentin. Neben ihrem Engagement für die Gartenkultur, interessierte sie sich für Musik, Kunst, Theater und Kino. So war sie Mitglied des Beirats bei den Hamburger Symphonikern, Mitglied des Vorstands der Freunde der Laeiszhalle + Elbphilharmonie, Vorsitzende und später stellvertretende Vorsitzende des Kulturforums Hamburg e.V., Mitglied der Freundeskreise Internationale Kulturfabrik Kampnagel und Deutsches Schauspielhaus Hamburg.
Auch galt ihre große Aufmerksamkeit der Denkmalpflege. So schreibt die Stiftung Denkmalpflege anlässlich des Todes von Anke Kuhbier: „Die Stiftung Denkmalpflege trauert um ihre Mitgründerin Anke Kuhbier, die der Stiftung seit ihrer Gründung in verschiedenen Ämtern vorstand und dem Kuratorium verbunden war. Die Erhaltung der Hamburger Denkmallandschaft war ihr ein besonderes Anliegen – von ihr ging auch die Erweiterung des Stiftungszwecks von den reinen Bau- und Kunstdenkmälern zu Kulturdenkmälern im weitesten Sinne aus. Erst dadurch wurde es möglich, dass die Stiftung Denkmalpflege sich auch um die Erhaltung der historischen Parks und Gärten der Hansestadt bemühte und den auch auf Initiative von Anke Kuhbier geretteten Garten Alma de l’Aigle in Pflege nehmen konnte.“ denkmalstiftung.de/index.php?pg=aktuelles&hl=en&tdet=3389&PHPSESSID=ffda8d90fa36a2e6b5d2da32d421ec4f&PHPSESSID=ffda8d90fa36a2e6b5d2da32d421ec4f
Zu Anke Kuhbiers Veröffentlichungen zählen:
• Kluge Menschen und ihre schönen Gärten, Callwey Verlag, München 2011, ISBN 978-3-7667-1904-1
• Von Jahr zu Jahr – Dekorative Blumentöpfe und schönes Gartengerät, Ellert & Richter, Hamburg, 1997 ISBN 3-89234-677-1
• Claude Monet und Sein Garten, Ellert & Richter, Hamburg, 1997 ISBN 3-89234-748-4; 2. Auflage 2000, verbesserte Neuauflage 2004 ISBN 3-8919-0185-6
• Die Schönsten Rosen,
Ellert & Richter, Hamburg, 1998 ISBN 3-89234-584-8; 2. Auflage, Hamburg, 2006 ISBN 3-83190-255-0
• Sommerblumen, Von Ageratum bis Zinnie, Ellert & Richter, Hamburg 2000 ISBN 3-89234-930-4
• Rosen-Lexikon, Von Absenker bis Zwergrosen, Ellert & Richter, Hamburg, 2001 ISBN 3-8319-0004-3
• Berlin Grün, Historische Gärten und Parks der Stadt, L & H Verlag, Hamburg, 2000 ISBN 3-928119-51-6
• Der Dekorative Küchengarten,
Ellert & Richter, Hamburg, 2002 ISBN 3-8319-0037-X
• Rosenträume – Jahreskalender 2001-2006 Ellert & Richter, Hamburg ISBN 3-89234-927-4, 3-89234-927-3, 3-8319-0063-9, 3-8319-0120-1, 3-8319-0163-5, 3-8319-0209-7
Anke Kuhbier schrieb Artikel u.a. in:
• Architektur & Wohnen
• Die Zeit
• Blätterrauschen
• Flora Garten
• Country
• Zuhause Wohnen: Living Gardens
• Architektur in Hamburg, Jahrbuch 2002
• Und sie tätigte Übersetzungen aus dem Englischen, so:
• Andrew Lawson, Das Gartenbuch der Farben, Ellert & Richter, Hamburg, 1997 ISBN 3-89234-171-4
• Penelope Hobhouse, Meine Schönsten Gärten, Ellert & Richter, Hamburg, 1998 ISBN 3-89234-786-7
• Jane Fearnley-Whittingstall, Päonien – Die Kaiserliche Blume, Ellert Richter, Hamburg, 2000 ISBN 3-89234-938-X
Anke Kuhbier gab das Buch:
• Alma de l’Aigle, Ein Garten, Dölling und Galitz, Hamburg, 1996 heraus
Und hielt Vorträge über:
• Die Geschichte der Gartenkultur
• Entstehung, Entwicklung und Ziele der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e.V.
• Der Rasen
• Rosen
• Städtische Freiraumkultur und die Initiative: Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e.V.
• Der Dekorative Küchengarten
• Wie deutsch sollen unsere Gärten sein??
• Chrysanthemen
• Arts and Crafts
• Blumen vortreiben
Siehe unter: www.ankekuhbier.de/5.html
Text: Dr. Rita Bake