Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Gerda Aldermann Gerda Aldermann, geb. Ewe

(6.10.1927 Magdeburg – 7.10.2020 Hamburg)
Gewerkschafterin, ehrenamtlich tätig in mehreren Organisationen
Eilbektal 6B (Wohnadresse)
Anonym bestattet auf dem Öjendorfer Friedhof, Manshardtstraße 200


Nach dem Realschulabschluss 1942 besuchte Gerda Aldermann die Höhere Töchterschule bei Fr. Dr. Krausnick in Bad Harzburg. 1945, so schreibt Gerda Aldermann in ihrem Lebenslauf, wurde sie mit ihren Angehörigen aus ihrem Haus auf dem Fliegerhorst in Zerbst, Sachsen-Anhalt vertrieben. Zwischen 1946 und 1948 arbeitete sie bei der Schutzpolizei in Magdeburg als Oberwachtmeisterin der Verkehrspolizei. Von Juli 1948 bis Juni 1949 musste sie dann Zwangsarbeit bei der Wismuth AG, einem Bergbauunternehmen im Übertageabschnitt Affonin, Aue/Erzgebirge leisten.

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Gerda Aldermann; Foto: privat

Am 19. Juni 1949 glückte die Flucht nach Westberlin. Gerda Aldermann wurde als politischer Flüchtling anerkannt.
1950 wurde der Sohn Martin geboren. Gerda Aldermann war nun alleinerziehende Mutter und leistete damals als Schichtschreiberin des Senats von Westberlin Notstandsarbeit auf Trümmergrundstücken. Danach war sie zwischen 1950 und 1961 in der Damenoberbekleidungskonfektion tätig und von 1962 bis 1973 z. B. bei Bayer-Leverkusen und bei Ara-Schuhe Wermelskirchen.
Dann kam sie nach Hamburg und arbeitete zwischen 1974 und 1987 als Versicherungsangestellte bei der Hamburg-Mannheimer Versicherung. Sie wurde Mitglied der DAG, Vertrauensfrau und Betriebsratsmitglied.
Auch frauenpolitisch engagierte sich Gerda Aldermann. So fungierte sie seit 1987 im Landesfrauenrat Hamburg viele Jahre als Delegierte für die DAG und den Deutschen-Staatsbürgerinnen-Verband. Für ihr langjähriges Engagement für Frauen- und Gleichstellungspolitik erhielt sie 1998 den Zitronenjette Preis durch den Landesfrauenrat Hamburg und die Messe „Du und Deine Welt“ verliehen.
Gerda Aldermann wurde auch die „Hausphotographin“ des Landesfrauenrates. Viele Jahre photographierte sie die vom Landesfrauenrat durchgeführten Veranstaltungen, so auch seine Aktivitäten auf der Messe „Du und Deine Welt“ und wurde damit eine stetige und zuverlässige Bild-Dokumentarin des Landesfrauenrates. In dieser Funktion war sie u. a. auch für den Verein Garten der Frauen, den Staatsbürgerinnen-Verband, die Landeszentrale für politische Bildung und das Senatsamt für die Gleichstellung treu und engagiert tätig. Gab man ihr dafür einen kleinen Obolus für ihre entstandenen Auslagen, dann bedankte sie sich dafür wiederum mit Blumensträußen.
Aber nicht nur als Photographin dieser Institutionen war Gerda Aldermann ehrenamtlich aktiv, sie engagierte sich auch noch auf ganz anderen Gebieten, worüber sie aber kaum mit anderen sprach. In einem Interview mit dem Landfrauenverband beschrieb sie ihre Motivation: „Menschen zu helfen, die krank, hilfsbedürftig und allein sind, war und ist mir stets ein wichtiges Anliegen. Denn mein eigenes Leben war nicht immer einfach.“ Gerda Aldermann war seit 1975 im Malteser Hilfsdienst tätig, ließ sich 1975 zur Schwesternhelferin ausbilden, um Menschen mit Behinderung, Kranke und alte Menschen zu betreuen. Damals gab es noch keine ambulanten Pflegedienste.
Auch im Schneewinter 1978/79, als der Schneenotstand im Norden ausgebrochen war, sprang Gerda Aldermann helfend – neben ihrer Berufsarbeit – ein. In der Malteser-Dienststelle Timmendorfer Strand kochte sie Tee und Erbsensuppe für die Helferinnen und Helfer sowie für die vom Schneenotstand Betroffenen.
Aber damit nicht genug: 1979 absolvierte Gerda Aldermann eine Ausbildung als Helferin am Unfallort und versorgte Unfallopfer an der B 404 bei Nütschau. Dazu Gerda Aldermann: „Manchmal, wenn ich erschöpft war, dachte ich an das dankbare Lächeln der Betroffenen, an ihren bedeutungsvollen Händedruck – und dann ging es mir wieder gut.“
Trotz ihrer Berufstätigkeit ließ sie sich als Schwesternhelferin beim Tennis am Rotherbaum, beim Horner Derby, beim Alstervergnügen und beim Hafengeburtstag einsetzen.
Nach einer im Jahr 1980 erfolgten weiteren Ausbildung, diesmal zur Hilfsköchin war Gerda Aldermann z. B. zwischen 1978 und 1982 beim Volkslauf in Travemünde tätig, kochte Tee für die Läuferinnen und Läufer und Erbsensuppe für die Helferinnen und Helfer. Kocheinsätze hatte sie auch bei Volks- und Straßenfesten in Hamburg und im Raum Schleswig-Holstein. Damit waren ihre Wochenenden stets ausgefüllt. In der Woche betreute sie dann nach der Erwerbsarbeit noch Kranke, alte Menschen und Menschen mit Behinderung. So begleitete sie z. B. Menschen mit Behinderung nach Münster zum Papstbesuch und auf Tagesfahrten. Daneben fungierte sie auch noch als Helferinnen-Vertreterin im Vorstand des Malteser Hilfsdienstes, betreute die Schwesternhelferinnen und absolvierte 1982 noch eine Ausbildung zur Altenpflegerin im Marienkrankenhaus.
Immer wieder nahm Gerda Aldermann an Fort- und Weiterbildungen teil und nahm dafür oft ihren ganzen Jahresurlaub.
1989, als Gerda Aldermann 62 Jahre alt war, erweiterte sich ihr ehrenamtliches Aufgabengebiet und es begann ihre Arbeit im Volksdorfer Malteser-Hospiz. Dazu Gerda Aldermann: „Meine Aufgaben: Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleitung. Die Aufgabe erfüllt mich. Sterbende Menschen an eine zuversichtliche Hand zu nehmen, ihren ausgesprochenen Gedanken zuzuhören und ihnen die Angst vor dem Alleingelassensein zu nehmen, ist für mich Menschenpflicht, die man verantwortungsvoll wahrnehmen muss.“
1999, im Alter von 72 Jahren, übernahm Gerda Aldermann weitere Arbeiten in der Patientinnen- und Patientenbetreuung. „Ich betreue Menschen, die unter der Alzheimer Krankheit leiden. Nachdem ich meine anfänglichen Bedenken überwunden und Angstgefühle beiseitegestellt habe, erfahre ich viel Freude, Liebe und Anerkennung. Ehrenamtliche Arbeit für Menschen, die krank, sterbend und allein sind, wird immer wichtiger. Es wird wieder Zeit, dass wir Zeit füreinander haben, besonders für diejenigen, denen nicht mehr viel Zeit verbleibt. Zeit schenken, ein gutes Wort sagen und Berührung …. das sind die wichtigen Dinge des Lebens!“
Gerda Aldermann lebte bis fast zuletzt in ihrer Wohnung. Nur die letzten Lebensmonate verbrachte sie in einem Alten- und Pflegeheim.
Text: Rita Bake