Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Lonny Beese Lonny Beese, geb. Lisser

(8.5.1905 Breslau - 10.9.1944 durch Freitod in Hamburg)
Opfer des NS-Regimes
Grindelallee 73 (Wohnandresse); Stolperstein
Erinnerungsstein im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof


Die Kindheit von Lonny Beese begann in einer gutbürgerlichen jüdischen Familie in Bremen. Nachdem die Ehe ihrer Eltern im Jahr 1925 geschieden worden war, ging ihre Mutter Alma Lisser nach Hamburg und arbeitete als Wirtschafterin bei Adolf Beese in der Grindelallee 73. Hier lernte ihre Tochter Lonny den Sohn des Hauses, Walter Beese, kennen. 1927 wurde geheiratet, nachdem Lonny zum Christentum konvertiert war. Am 21. Februar 1928 kam Tochter Ursula auf die Welt. Im April 1940 reichte Walter Beese die Scheidung ein. Er verstieß seine Tochter als "Bastard" und brach jeglichen Kontakt ab. Lonny konnte zu ihrer Mutter Alma Lisser und ihrem Schwiegervater Adolf Beese in die Grindelallee
73 ziehen. Sie musste nun alleine für ihre Tochter sorgen, die als "Mischling ersten Grades" galt. Das rettete Lonny vorläufig vor der Deportation. Die antijüdischen Gesetze zwangen ihre Mutter Alma Lisser im Januar 1941, die gemeinsame Wohnung in der Grindelallee 73 zu verlassen. Sie musste - völlig mittellos - zunächst im Mittelweg 16 und dann im "Judenhaus", Rutschbahn 25a, wohnen. Von dort aus wurde sie am 11. Juli 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Lonny Beese konnte bis 1943 im Büro eines jüdischen Rechtsanwalts arbeiten. Nach dessen Verhaftung wurde sie zum "Judeneinsatz" gezwungen: Sie musste bei der Firma Heldmann-Chemie Ratten- und Mäusegift verpacken und für die Firma Dralle Trümmer und Schutt beseitigen. Die Zwangsarbeit und die Deportation ihrer Mutter belasteten Lonny seelisch so sehr, dass sie sich krankschreiben lassen musste. Sie machte eine Eingabe bei Karl Kaufmann, dem Reichsstatthalter von Hamburg, um wieder im Büro arbeiten zu dürfen. Sie wurde als Stenotypistin der Firma Greve und Behrens zugewiesen. Im April 1943 starb Adolf Beese. Lonny konnte den Mietvertrag für die Grindelallee 73 übernehmen und dort mit ihrer Tochter wohnen bleiben. Allerdings war sie jetzt vollkommen schutzlos dem Leiter des Arbeitsamtes "für den Judeneinsatz", Willibald Schaller, ausgesetzt, der sie zu Hause aufsuchte und bedrängte. Willibald Schaller hatte, wie ein Gericht nach dem Krieg feststellte, mehrere jüdische Frauen sexuell bedrängt und sie sich - bei Androhung einer Anzeige bei der Gestapo - gefügig gemacht. Ausgerechnet die "arischen" Untermieter, die Lonny nach der Ausbombung 1943 bei sich in der Wohnung aufgenommen hatte, denunzierten und beschuldigten sie der "Rassenschande" und des Abhörens feindlicher Sender. Diese ausweglose Lage trieb Lonny Beese in den Freitod. Sie nahm am 8. September 1944 eine Überdosis Veronal und starb zwei Tage später an den Folgen der Vergiftung im Universitätskrankenhaus Eppendorf. In ihrem Abschiedsbrief erklärte sie, der Verrat der Untermieter hätten ihr den Rest gegeben, und dass sie als Jüdin niemals Recht bekommen hätte. Lonnys Tochter Ursula Beese überlebte. Sie ist am 24. Juli 2018 gestorben und wurde in Ohlsdorf, im Ehrenhain der Geschwister-Scholl-Stiftung für die Verfolgten des Naziregimes, bestattet. In der Grindelallee 73 erinnern Stolpersteine an Alma Lisser und Lonny Beese. Alma Lisser, geb. Königsfeld, ist als Opfer auch in der Gedenkstätte am Deportationsort Hannoverscher Bahnhof namentlich aufgeführt.