Carola Marwitz-Schramm Carola Marwitz-Schramm, verh. Meyer-Marwitz, gesch. Schramm
(12.8.1911- nach 2006)
Leadsängerin bei den Piccadilli-Boys, Muse, Salonnière
Nienstedten (Wohnadresse)
Buchenhof 15 (Wohnadresse)
Sie tanzte noch mit weit über 80 Jahren mit Ulli Tukur auf dem Tisch und ihre kleine Rente besserte sie im hohen Alter auf mit Nebenjobs wie z. B. in einer Briefmarkenhandlung oder in der Landeszentrale für politische Bildung.
Carola Marwitz-Schramm war eine elegante Erscheinung, kaufte ihr Parfüm und andere Kosmetika in der Hamburger Hof Parfümerie und lud in den 1990er Jahren einmal die damalige wissenschaftliche Referentin der Landeszentrale für politische Bildung, Dr. Rita Bake, mit der sie gemeinsam Mitglied der damaligen Hamburg Gesellschaft unter Leitung des ehemaligen seemännischen Gewissens des NDR, Hannes Schlünz, war, zu einer Veranstaltung vor einem parfümkundigen Fachpublikum ein. Auf dieser Veranstaltung hielt der Parfümeriebesitzer und Parfümeur Albert Thomas aus Aachen einen Vortrag über die Geschichte des Parfüms. Dr. Rita Bake erkannte sofort die politische Dimension des Parfüms, denn die Kreation eines Parfüms spiegelt oft den gesellschafts-politischen Zeitgeist einer Epoche wider. Und so konnte dank Carola Martwitz-Schramm, die Dr. Rita Bake mit dem Parfümeur Herrn Thomas zusammenbrachte eine besondere Seite der politischen Bildung und damit auch ein neues Klientel mit der Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung zum Thema „Der Duft, der Politik begleitet“, geöffnet werden..
Carola Marwitz-Schramm war nicht nur elegant, sondern auch witzig, spritzig und völlig unkonventionell. Diese Mischung machte es, dass alle die, die Konventionen zwar durchaus einhielten, wenn sie es für notwendig hielten, diese aber stets auch hinterfragten und mit Witz und Charme auch mal durchbrachen, lieben mussten.
Im „Hamburger Klönschnack“, dem Stadtmagazin für die Elbvororte heißt es in einem Portrait über „Karla Marwitz-Schramm aus Othmarschen: Die Gesellschafterin vom Buchenhof“: „Sie brachte Koryphäen der Kunst und Kritik zum Kalauern (…). Galant beflügelte sie die Vergnügten zu geistreichen Konversationen (…). Als Salondame Carola führte Karla Marwitz-Schramm in Flottbek Hamburgs Kulturgrößen zusammen. Zu ihren anregenden Plaudereien zwischen Bernhard Meyer-Marwitz [1913-1982] und Wolf Schramm [1896-1965] mit Annemarie Holz, Karl Voscherau und Carl Albert Langen gesellten sich schöngeistige Dialoge mit Eduard Marks, Paul Mundorf und Edda Seipel. Ihnen folgten stichhaltige Wortwechsel mit Dirks Pauluns, Bernhard Hamann oder Josef Offenbach (…)
Sie waren das journalistische Genre Wolf Schramms, der später das unterhaltsame Fabulieren bei Carola leitete, aber immer seltener mit dem ‚Dirigenten der niederdeutschen Komponente‘, [Verleger und Publizist] Bernhard Meyer-Marwitz, der zuletzt mit ihr verheiratet war.
Dem Musenzauber ist Carola gleich doppelt erlegen. Einmal durch ihr Geburtshaus ganz in der Nähe zum Thalia Theater und als Kind einer Sängerin. Das beweist die gelernte Verlagskauffrau noch heute.“[1] Nachdem Carola Ende der 1920er Jahre arbeitslos geworden war, bewarb sie sich als Sängerin bei der Swingband „Piccadilly Boys“. Sie selbst, damals 21 Jahre alt, gehörte der Swingjugend an. Ihr Bewerbungsauftritt bei der Band machte Eindruck, besonders auf dem Bandleader Bernhard Meyer-Marwitz. Die beiden wurden ein Paar- und sie Leadsängerin in seiner Band, die z. B. im Stadthaustunnel in direkter Nähe des Gestapohauptquartiers auftrat. Als Swingmusik verboten wurde, wurde auch die Band mit ihrem Liedrepertoire vorsichtiger. So wurden z. B. Kinderlieder und Strauß-Walzer gespielt, die die Band jedoch verswingte. Unter den Swingfreunden war auch der spätere Schriftsteller Wolfgang Borchert. Mit ihm war Carola befreundet und ihr Mann Bernhard Meyer-Marwitz gab später die ersten Werke von Wolfgang Borchert heraus.
„Carola arrangierte in der gemeinsamen Wohnung zahlreiche Soireen, wo insbesondere Bühnenkünstler bei Häppchen, Wein und Schokolade für die Kritik mit Meyer-Marwitz diskutierten. Doch das war erst der Anfang ihres Geschicks. Zur wahren Gesellschafterin der sich schnell vergrößernden Talk-Runden wurde sie im Buchenhof. Im gemeinsamen Haus mit Wolf Schramm, wo drei miteinander verbindende große Räume regelmäßig als literarischer Salon dienten.“[1]
Ihren 90sten Geburtstag feierte Carola Marwitz-Schramm noch im Jenisch-Haus, später zog sie in ein SeniorInneheim in Hamburg Nienstedten.
Text: Rita Bake