Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Helga Schwarz Helga Schwarz, geb. Classen

(21.01.1953 - 23.06.2023 Hamburg)
Sozialarbeiterin, Mitbegründerin eines autonomen Frauenhauses für Frauen in der Prostitution
Große Holl 18 (Wohnadresse)


4869 Helga Schwarz
Helga Schwarz; Quelle: privat

Geboren wurde Helga Schwarz in Afrika, dem heutigen Äquatorial Guinea, in Santa Isabell der Fernando Po. Ihr Vater war Kaufmann und dort beruflich tätig, die Mutter Hausfrau.
1958 verstarb der Vater ganz plötzlich, Helga Schwarz war damals sechs Jahre alt. Die Mutter und Helga kehrten nach dem Tod des Vaters nach Hamburg zurück, hier hatten die Eltern zuvor gelebt.
Aufgrund einer psychischen Erkrankung der Mutter wurde Helga Schwarz dann als Kind über das Jugendamt in einer Pflegefamilie untergebracht und blieb dort bis zum Erwachsenwerden. Leidvolle Erfahrungen aus dieser Zeit und die Trennung von der kranken Mutter sind vermutlich auch mit ein Grund für das spätere berufliche Engagement von Helga Schwarz.
Im März 1973 heiratete Helga ihren Freund Egbert Schwarz. Ihr Sohn Helge Schwarz wurde im Mai 1973 geboren.
In den siebziger Jahren absolvierte Helga erfolgreich das Studium zur Sozialpädagogin, Diakonin, an der evangelischen Fachhochschule vom Rauhen Haus in Hamburg. In dieser Zeit schloss sie sich der autonomen Frauenbewegung an und engagierte sich beruflich und privat für die Rechte der Frauen, Mütter und ihrer Kinder.
Durch ihre Berufstätigkeit nach dem Studium bei der Arche e. V., einem Verein der evangelischen Kirche in Hamburg, wurden den Prostituierten und Sexarbeiterinnen eine Anlaufstelle mit der Möglichkeit zur Hilfe und Selbsthilfe angeboten. Frauen, die damals aus der Prostitution aussteigen wollten, hatten keinen Schutz vor Übergriffen und Verfolgung durch ihre Zuhälter, keine rechtlichen Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Außerdem gab es zu dieser Zeit in Hamburg keine Möglichkeit unterzutauchen.
Aus dieser ganzen Notlage heraus, dem Engagement der autonomen Frauenbewegung, der autonomen Frauenhausbewegung und ihres Trägervereins, wurde 1981 ein weiteres autonomes Frauenhaus eröffnet, das vorrangig Sexarbeiterinnen und auch ihren Kinder Schutz und Unterstützung bieten konnte. An der Gründung dieses Frauenhauses war Helga Schwarz maßgeblich beteiligt. Sie arbeitete in diesem Haus acht Jahre lang, bis 1980. Die Arche e. V. wurde nach Eröffnung des Frauenhauses aufgelöst.
Ab 1989 arbeitete Helga Schwarz bis zur Rente über fünfundzwanzig Jahre bei den Sozialen Diensten Frauenhäuser (SFH), einer Fachstelle des Jugendamtes, mit der Zuständigkeit für alle Hamburger Frauenhäuser und weiterer Schutzeinrichtungen für Frauen, Mädchen und Kinder.
Mit großem Engagement, Empathie und fachlicher Kompetenz arbeitete Helga Schwarz in ihrem Beruf. Die enge und fachliche Zusammenarbeit mit den Kolleginnen, den Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser und sozialer Netzwerke, mit Trägern der Jugendhilfe und weiteren Behörden sowie mit Familiengerichten, Kindertagesstätten und mit diversen Beratungsstellen gehörten zum fachlichen Standard.
Das Wohl der Kinder, der Mütter, der gesamten Familie und von alleinstehenden Frauen, unabhängig von ihrer Nationalität und ihrem Glauben, war für Helga Schwarz eine Lebensaufgabe. Dabei war es ihr wichtig, fachliche Standards einzuhalten, transparent mit den Klientinnen zu arbeiten, zu helfen und zu unterstützen, Wege aus der häuslichen Gewalt dauerhaft zu finden und eine Perspektive zu entwickeln. Zu Ihren gesetzlichen Aufgaben gehörte es, besonders für die Kinder und die ganze Familie die passenden erzieherischen Hilfen nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz einzurichten sowie in familiengerichtlichen Verfahren nach dem BGB mitzuwirken.
Ein weiteres Engagement von Helga Schwarz war die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe „Psychisch kranke Eltern und ihre Kinder“ des Vereins Seelennot e. V.. Zu dieser Arbeitsgruppe kamen Menschen, die in ihrer Arbeit mit Familien zu tun hatten, in denen die Mutter oder der Vater psychisch erkrankt waren. Diese Arbeitsgruppe bot ein großes Netzwerk und somit ein Austausch von Beschäftigten der Familienhilfe, des Jugendamtes, des Gesundheitswesens, Ärzte und Ärztinnen, Sozialarbeiter/-innen aus der Psychiatrie, Arztpraxen und des Gesundheitsamtes. Ihre Arbeit ruht seit einigen Jahren (Stand: Dezember 2023).
Meine Kollegin, unsere Kollegin Helga Schwarz war ein wunderbarer Mensch, eine Sozialpädagogin mit Herz, Engagement, und Kompetenz, die Seele unserer Dienststelle.
Ihr früher Tod hat uns alle sehr erschüttert.
Text: Anne Baumgarten-Walter, 06.12.2023