Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Hamburger Ortsgruppe des Deutschen Bundes für Mutterschutz Hamburger Ortsgruppe des Deutschen Bundes für Mutterschutz (DBfM)

Diagonalstraße 4 (ehemals)


In der Diagonalstraße 4 befand sich in den 20er-Jahren des 20. Jhds. die Geschäftsstelle der Hamburger Ortsgruppe des Deutschen Bundes für Mutterschutz. Dieser Verein hatte sich 1913 gegründet, nachdem es eine interne Auseinandersetzung im Bund für Mutterschutz gegeben hatte, zu dem die 1905 gegründete Ortsgruppe des Bundes für Mutterschutz gehörte. Diese internen Auseinandersetzungen beruhten darauf, dass die Hamburger Ortsgruppe des Bundes für Mutterschutz „eher an konkreter sozialer Arbeit interessiert [war] als an Werbung für Reformen in Ehe und Familie, wie sie vor allem von der Zentrale des BfM in Berlin vertreten wurden. Anlässlich einer internen Auseinandersetzung im BfM spaltete sich im Oktober 1913 deshalb die Gruppe in Hamburg auf. Während der Großteil der Mitglieder (260 Personen) in den neugegründeten ‘Bund für Mutterschutz zu Hamburg e.V.’ übertrat, (…), organisierte sich ein kleinerer Teil (rund 30 Personen) in der neuen ‘Hamburger Ortsgruppe des Deutschen Bundes für Mutterschutz’.“[1]
Der Bund für Mutterschutz zu Hamburg führte das von der Ortsgruppe des Bundes für Mutterschutz gegründete Heim für ledige Mütter am Baumkamp 63 weiter. Dieses Heim war 1910 eröffnet worden und hatte „gegen erhebliche gesellschaftliche und behördliche Widerstände anzukämpfen“ 1), denn die meisten Frauenvereine, die sich um Wöchnerinnen kümmerten, taten dies nur für verheiratete Frauen. Hingegen stellte sich der BfM „die Aufgabe, das öffentliche Ansehen der ledigen Mutter zu verbessern, um damit auch ihren Kindern zu helfen. (…) Zugleich organisierte der BfM einen Arbeits- und Stellennachweis für ledige oder ‘eheverlassene’ Mütter.“[1]
Die Ortsgruppe Hamburg des Deutschen Bundes für Mutterschutz (DBfM) sah ein Hauptanliegen ihrer Arbeit im Kampf gegen den Abtreibungsparagrafen 218 und in der Sexualberatung. „Die Front der Gegner einer Aufhebung des § 218 war in der Weimarer Republik breit: Sie reichte von Teilen der SPD, über den BDF {Bund Deutscher Frauenvereine], die evangelische und katholische Kirche bis hin zu den bürgerlichen Parteien und der NSDAP. Die einzige Partei, die die völlige Freigabe der Abtreibung forderte, war die KPD. In der SPD war die Haltung zum § 218 umstritten. Die meisten Sozialdemokratinnen traten für die Abschaffung des Abtreibungsparagraphen, zumindest aber für die Einführung einer Fristenregelung ein. (…)
Aufgrund der zentralen Bedeutung von Familienplanung und Geburtenkontrolle im Frauenalltag war der Kampf gegen das Abtreibungsverbot seit Anfang der zwanziger Jahre ein Schwerpunkt der sozialdemokratischen:4443}} wie der {{Bio: kommunistischen Frauenbewegung. Viele Genossinnen sahen im § 218 ein Symbol der privaten und öffentlichen Unterdrückung ihres Geschlechts. Ihren Kampf gegen das Abtreibungsverbot begriffen sie dementsprechend als Kampf für ihre Emanzipation. Ihr Engagement konzentrierte sich auf zwei Ebenen: Zum einen kämpften sie unter dem Motto ‚Vorbeugen - nicht Abtreiben‘ gegen die steigende Zahl der Schwangerschaftsabbrüche; ihr Ziel war eine weite Verbreitung sexualhygienischer Kenntnisse und sicherer Verhütungsverfahren. Zum anderen stritten sie für eine Aufhebung des Abtreibungsverbots. (…)
In Hamburg war bis 1930 als einzige Sexualreformorganisation der Deutsche Bund für Mutterschutz und Sexualreform aktiv. (…) Die Hamburger Ortsgruppe, die ca. 300 Mitglieder umfaßte und von dem sozialdemokratischen Arzt Georg Manes geleitet wurde, eröffnete 1924 mit Unterstützung der Allgemeinen Ortskrankenkasse als eine der ersten Gruppen im Reich zwei Sexualberatungsstellen, in denen Auskunft in allen Sexualfragen erteilt wurde [in der Kaiser-Wilhelm-Straße 93 und in der Bismarckstraße 79]. Der Andrang war zunächst groß, ging jedoch, da keine praktische Hilfe geleistet werden durfte, in den folgenden Jahren zurück. Um diesem Mangel abzuhelfen, wurde im Mai 1930 auf Initiative der beiden sozialdemokratischen Bürgerschafstabgeordneten Paula Henningsen und Adele Reiche die Hamburger Ortsgruppe des Reichsverbandes für Geburtenregelung und Sexualhygiene (RV) gegründet, die ebenfalls eine Sexualberatungsstelle eröffnete. Da diese Einrichtung nur Mitgliedern – bis 1932 rund 1500 – offen stand, somit nicht öffentlich war, konnten dort auch Verhütungsmittel vertrieben werden. (…).“ [2]
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde der Bund verboten.