Vereinshospital und Pflegerinnen-Asyl des Vaterländischen Frauen-Hülfsvereins zu Hamburg
Beim Schlump 85 (ehemals)
Beim Schlump 85 befand sich das 1878 erbaute Vereinshospital und Pflegerinnen-Asyl des 1868 gegründeten Vaterländischen Frauen-Hülfsvereins zu Hamburg (Rotes Kreuz). Es war auf Anregung von Kaiserin Augusta gegründet worden und stand später unter dem Protektorat der Kaiserin Auguste Victoria. Vereinszweck war. „In Kriegszeiten Fürsorge für die im Felde Verwundeten und Erkrankten, indem der Verein alle dazu dienenden Einrichtungen unterstützt und die von ihm ausgebildeten Krankenpflegerinnen dem Zentralkomitee der Vereine vom Roten Kreuz zur Verfügung stellt.
In Friedenszeiten Krankenpflege und Ausbildung von Krankenpflegerinnen sowohl in dem Vereinshospital, als auch in der Privat- und Armenkrankenpflege, sowie Beteiligung an der Vorbereitung von Reservelazaretten für den Kriegsfall und an der Linderung außerordentlicher Notstände innerhalb des Deutschen Reiches.
Zu ordentlichen Mitgliedern sind unbescholtene Frauen und Jungfrauen befähigt gegen einen jährlichen Beitrag und unentgeltlicher Ausführung weiblicher Handarbeiten für den Zweck des Vereins, sowie sonstiger Tätigkeit für denselben.” 1)
Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Kriegskrankenpflege eine Domäne der Männer gewesen. Militärkrankenwärter pflegten die Verwundeten. „Tatsächlich waren es jedoch gerade die weiblichen Pflegekräfte, die der humanitären Idee des Roten Kreuzes zu einem raschen Durchbruch verhelfen sollten“, 2) schreibt Andrea Brinckmann in ihrem Buch über die Geschichte des Roten Kreuzes in Hamburg. Und sie fährt fort: „Besonderes Engagement ging dabei von Frauen aus bürgerlichen und adligen Kreisen aus. Politische Mitwirkung blieb ihnen verwehr, stattdessen erlangten sie in den seit 1866 als Rotkreuz-Organisationen entstehenden Vaterländischen Frauenvereinen gesellschaftlichen Einfluss, indem sie karitative Aufgaben übernahmen.“ 3)
Anlass zur Gründung des Vaterländischen Frauen-Hülfs-Verein zu Hamburg (VFV) bot der preußisch-österreichische Krieg, der 1866 begann. Im selben Jahr gründete sich ein „Frauen-Unterstützungs-Komitee“. „Die Beteiligten gründeten am 9. März 1868 als einen der ersten deutschen Zweigvereine des Roten Kreuzes den ‚Vaterländischen Frauen-Hülfs-Verein‘, um zunächst Gelder für Not leidende Familien in Ostpreußen zu sammeln.“ 4)
Über den Frauen-Hülfs-Verein schreibt Kerstin Heinsohn: „Im Gegensatz zu anderen deutschen Städten und Ländern war der VFV in Hamburg nicht einer der ‘Hauptträger der Wohlfahrtspflege’ von Frauen. Diese Position wurde von den Paulsen- und Sievekingschen Vereinen eingenommen, die eine längere Tradition hatten und stärker in der Stadt verwurzelt waren.”5)
Die erste Vorsitzende des Vereins war damals Minna Plambeck (28.11.1814-27.8.1892). Ihre Hauptaufgabe sah sie darin, Krankenpflegerinnen ausbilden zu lassen. „Die von ihr initiierte, am 1. Oktober 1869 gegründete Rotkreuz-Schwesternschaft war eine Pionierleistung. (…) Minna Plambeck wünschte sich eine feste, gemeinsame Unterkunft für die Pflegerinnen des Vereins. Pläne zum Bau eines eigenen Hospitals zu Ausbildungszwecken mit angeschlossenem Pflegerinnen-Asyl hegte der Vorstand bereits seit Gründung des ‚Vaterländischen Frauen-Hülfs-Vereins‘, vorerst aber vereitelte der Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges die Umsetzung.“ 6)
Bis es zum Bau des Vereinshospitals am Schlump kam, vergingen noch einige Jahre. Zuvor betrieb der Vaterländische-Frauen-Hülfs-Verein aber schon eine kleine Poliklinik für arme Menschen in der Neustädter Fuhlentwiete 76 und später dann in der Caffamacherreihe 2.
Durch Spenden, einem Zuschuss vom Hamburger Senat und durch die Bewilligung von Seiten des Senats und der Bürgerschaft eines Bauplatzes am Schlump, konnte 1875 mit dem Bau des Vereinshospitals begonnen werden, das dann 1876 eingeweiht wurde.
Das Vereinshospital verfügte über 50 Betten. Im Pflegerinnen-Asyl war Platz für 60 Pflegerinnen. Es gab auch eine Poliklinik, die unentgeltliche ärztliche Hilfe und Verabreichung von Verbänden und Arzneien bot.
„In seinen Jahresberichten schlug der ‚Vaterländische Frauen-Hülfsverein‘ patriotische Töne an: Die Ausbildung für die Pflege in Privathäusern, der Armen- und der Hospitalpflege biete die Möglichkeit, vaterländische Treue und Pflichterfüllung unter Beweis zu stellen. Allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung, der zufolge diese Aufgabe von Krankenpflegerinnen aus ‚besserem Stande‘ übernommen werden müsse. Ein ‚edler Weiblichkeit‘ entsprechender Berufsweg erfordere der großen Verantwortung angemessene Voraussetzungen in ‚moralischer Beziehung und geistiger Bildung‘. Der Appell an die Frauen gehobener bürgerlicher Kreise trug dazu bei, dass der Beruf der Krankenschwester sehr früh ein hohes fachliches und soziales Ansehen genoss. Es enthielt freilich auch unausgesprochene Ausschlusskriterien für Frauen aus ärmeren Schichten,“ 7) so Andrea Brinckmann.
1906 wurden im Vereinshospital 3748 Krankheitsfälle behandelt.
Die Privat- und Armenkrankenpflege umfasste 1906: 16.401 Besuche.
Eine der Vorsitzenden in Hamburg war Gräfin Susanne von Oeynhausen geb. Kayser (8.4.1850 - 30.11.1941). Sie entstammte einer alteingesessenen Hamburger Kaufmannsfamilie. Ihre Mutter war Elise Caroline Adelheid Kayser, geborene Sellier, ihr Vater Robert Kayser.
Im Alter von 18 Jahren heiratete sie Graf Julius von Oeynhausen und zog mit ihm nach Berlin, wo er Zeremonienmeister am Hofe war. Hier soll sie als gefeierte Schönheit am Hofe des Kaisers gelebt haben. Außerdem soll sie der geistige Mittelpunkt der berühmten Donnerstags-Teeabende in den Salons der Kaiserin gewesen sein. 1886 kehrte sie nach dem Tod ihres Gatten nach Hamburg zurück, und nahm hier bald in der Organisation der Wohltätigkeit eine führende Stellung ein. Stellvertretende Vereinsvorsitzende waren damals: Frau Senator Dr. Mönckeberg, Frau Dr. Kellinghusen, Frau Therese Münchmeyer.
Text: Rita Bake