Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Sigrid Brinkmann

(21.6.1942 Breslau – Oktober 1997)
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (CDU) von 1974 bis 1982
Hamburger Rathaus, Rathausmarkt (Wirkungsstätte)


Die Diplom-Kauffrau, die verschiedene Tätigkeiten im Kredit- und Steuerwesen ausgeübt hatte und seit 1977 selbständige Steuerberaterin war, trat 1973 der CDU bei, wurde Mitglied des Ortsvorstandes, Delegierte im Kreis- und Landesausschuss und Mitglied im Arbeitskreis „Wirtschaft“. Ihr wirtschaftlicher Sachverstand, aber auch die Notwendigkeit der Präsenz jüngerer Frauen in der Hamburgischen Bürgerschaft waren ausschlaggebend für ihre Nominierung gewesen. Während ihrer Zeit als Abgeordnete bekam die Ehefrau und Mutter eines Kindes ihr zweites Kind. Beruf, Privatleben und Tätigkeit für die Bürgerschaft konnten nur befriedigend vereinbart werden durch drastische Einschränkung der Berufstätigkeit auf unter zehn Stunden wöchentlich, was negative Langzeitfolgen nach sich zog. Sigrid Brinkmann war von 1974 bis 1982 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und schied aus familiären Gründen aus. Ihre politischen Schwerpunkte lagen in den Bereichen Finanzen und Frauenpolitik. In dieser Zeit war sie auch Teil der im März 1976 sich unter den Parlamentarierinnen gegründeten Hamburger Frauenkoalition. (Siehe dazu und zu ihrer Rede im Eintrag Hamburger Frauenkoalition.)
Als am 11. Oktober 1978 eine dringliche Senatsvorlage die Einrichtung einer „Leitstelle für die Verwirklichung der Gleichstellung der Frau“ (Leitstelle für die Gleichstellung der Frau) forderte, ging Sigrid Brinkmann während einer Bürgerschaftssitzung ans Redepult. Zurufe und Heiterkeit bei der CDU unterstützten die Rednerin, als sie den Senat für bankrott erklärte, wenn er sich eigens eine Leitstelle schaffen müsse, um auf die Einhaltung des Grundgesetzes zu achten. Die beabsichtigte Leitstelle würde doch nur eine „Blockadetruppe“ darstellen, die alle Behördenvorlagen passieren müssten. Der männlichen Bürokratie werde auf diese Weise eine weibliche parallel geschaltet. Mit einer solchen „Scheinmaßnahme“ ließen sich Frauen nicht abspeisen.
1980 kritisierte sie in ihrer Funktion als frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft eine weitere Aktion der Leistelle: „Unsere Partei hat immer den Standpunkt vertreten, man sollte Frauen nicht unbedingt ins Erwerbsleben treiben. Wenn sie aber erwerbstätig sind, dann dürfen sie unseres Erachtens auch kein Aschenputteldasein führen“, (PL Pr, 9/42 vom 16.1.80, S. 2267ff.) erklärte Sigrid Brinkmann, unzufrieden mit der Antwort des Senats auf eine große Anfrage der CDU über die Situation der Frauen in Hamburgs öffentlichen Unternehmen und führte in ihrer Rede in der Bürgerschaft weiter aus: Die Frauenfeindlichkeit der öffentlichen Unternehmen Hamburgs sei schon daran zu erkennen, dass dieser Sektor ganze 16,78 Prozent weibliche Beschäftigte aufzuweisen habe. Völlig wirkungslos sei die Empfehlung der Leistelle, zur Behebung des getrennten Stellenmarktes Ausschreibungen geschlechtsneutral zu formulieren, denn Arbeitgeber hätten doch bei der Einstellung einer Frau ihre stillschweigenden Kriterien, an denen eine alterierende Stellenbeschreibung gar nichts ändere. Die Bewerberin, so Sigrid Brinkmann wörtlich in ihrer Rede: „soll aussehen ’wie ein junges Mädchen‘, sie soll sich benehmen ‚wie eine Dame‘, sie soll klug sein ‚wie ein Professor‘, und sie soll arbeiten ‚wie ein Pferd‘!“ (Zwischenruf von Hans-Georg Kuhn, (CDU): „Können Sie mir den Namen der Dame sagen?“. Sigrid Brinkmann unbeirrt fortfahrend: „Wenn sich die Damen vorstellen und eines dieser Kriterien erfüllen, sieht das so aus: Sieht sie aus ‚wie ein junges Mädchen‘, bekommt sie Komplimente, benimmt sie sich wie eine Dame, wird man ihr einen Posten als Chefsekretärin anbieten; ist sie klug wie ein Professor, steckt man sie ins Archiv, und arbeitet sie wie ein Pferd, kommt sie in die Kantine. Sollte sich vielleicht eine Frau finden, die klug ist wie ein Professor und gleichzeitig wie ein Pferd arbeitet, dann ist sicherlich noch ein Posten als Chefassistentin frei.“ (PL Pr, 9/42 vom 16.1.80, S. 2267ff.)
Zu ihrer Einstellung zu den Frauenhäusern siehe im Eintrag: Frauenhäuser
Nach ihrem Ausscheiden aus der Bürgerschaft war sie als Deputierte der Finanzbehörde und Mitglied der Kreditkommission tätig. Aus beiden Gremien schied sie 1991 auf eigenen Wunsch aus. Sechs Jahre später verstarb sie.
Text: Rita Bake