Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Altonaer Fraueninitiative (AFI)

Eulenstraße 60 (ehemals)


Gegründet wurde die Initiative im Jahr 1979. Die Altonaer Fraueninitiative (AFI) (Neue Frauenbewegung) war eine stadtteilbezogene Frauengruppe, die eigene Räume in der Eulenstraße hatte. Diese nutzte sie als Frauenstadtteiltreffpunkt. Arbeits- und Beratungsschwerpunkte waren: § 218, Gesundheit, Mutter/Kind/Soziales, Kulturelles und die Situation von Migrantinnen.
In ihrer Selbstdarstellung heißt es Ende der 1979er-Jahre: „Hinter der so fantasievollen und aussagekräftigen Bezeichnung ‚AFI‘ steht der Zusammenschluß von Altonaer Frauengruppen und einzelnen Frauen aus Altona und anderswo (z. B. vom Altonaer Stammtisch).
Wir sind initiativ geworden in der Absicht, für Frauen im Stadtteil einen Treffpunkt zu bieten, wo Kontakte geknüpft werden können und wo Beratung und Information gegeben wird. Unsere anfängliche Absicht, gleich ein eigenes Laden- oder Zentrumsprojekt auf die Beine zu stellen, scheiterte an der Suche nach geeigneten Räumen und natürlich am Geld. So fangen wir erstmal klein, (…) an: (…)
In den Arbeitsgruppen wird bisher zu den Themen ‚Gesundheit‘ (von Verhütung bis § 219), ‚Mutter/Kind/Soziales‘, ‚Kultur‘ und ‚Situation der Ausländerinnen‘ Material gesammelt, diskutiert und ausgewertet. Diese Schwerpunkte begründen sich z. T. in der bisherigen Arbeit der Frauengruppen in Altona. (…)
Über Tips und Informationen hinaus wollen wir Hilfe zur Selbsthilfe geben (gedacht wurde u. a. an den Aufbau von Mütter-Ringen u. ä.)
Schwieriger gestaltet sich die Arbeit der Gruppe ‚Situation der Ausländerinnen‘. Zwar gibt es schon erste Ansätze durch die gemeinsame Vorbereitung einer Ausstellung im ‚Italienischen Zentrum‘ in Altona mit dem Thema ‚Donna in Sicilia‘ und sich daraus entwickelnde Diskussionsrunden. Klar ist jedoch, daß Scheu und Vorbehalte gegenüber Frauengruppen bei ausländischen Frauen wesentlich schwieriger zu überwinden sind. (…).“ (hamburger frauen gruppen stellen sich vor. Hrsg. von „bildwechsel“ ca. Ende 1979, S. 23f.)
Acht Jahre nach Gründung der AFI veröffentlichten Gabriele Brockmann und Elisabeth von Dücker einen Beitrag über die AFI in dem Buch „Aufgeweckt. Frauenalltag in vier Jahrhunderten. Ein Lesebuch“ hrsg. von der Frauen-Geschichtsgruppe des Stadtteilarchivs Ottensen, Hamburg 1988. In ihrem darin abgedruckten Aufsatz „Vorwärts – und schon vergessen? Altonas Neue Frauenbewegung entläßt ihre Töchter“ lassen die beiden Autorinnen eine Mitbegründerin der AFI sprechen: „Wichtig ist die AFI für mich geworden, weil ich hier Frauen finde, die mit mir an Veränderung basteln. Das ‚normale Leben‘ mit Familie, Karriere und Konsum ist brüchig geworden – welche hilft mir bei der unsicheren Suche nach Neuem?
Gut gefällt mir auch meine Freizeit mit Frauen zu verbringen. Hier finde ich schnell eine ernsthafte Gesprächspartnerin für meine Alltagssorgen. Ich kann bei den anderen abgucken, die schon das eine oder andere geschnallt haben. (…) Und dann stellen wir auf einmal fest, wir machen das meiste, wichtige, ja nur noch mit Frauen und die Männer bleiben auf der Strecke. Sie verstehen uns nicht mehr und unsere heimliche Isolation in Familie und Betrieb wird eine offene: nämlich die der Emanzen. (…) Wir haben uns bewußt nur als Frauen zusammengetan, weil wir um die besonderen Interessen der Frauen und gegen unsere doppelte Unterdrückung streiten. In Frauengruppen entgehen wir dabei der direkten männlichen Bevormundung. (…) Wir gehören zwar nicht zu denen, die die Unterstützung von Männern rigoros ablehnen, wir bemühen uns aber eindeutig mehr um die Frauen. Ihnen gilt unsere Aufmerksamkeit. Bevormundung und Zensur lehnen wir ab (…)“ (S. 196f.)
Einige Beispiele von Aktivitäten der AFI: Zusammenstellung einer Frauenärztekartei in Altona, dazu Fragebogenaktion unter Frauen über ihre Erfahrungen mit Frauenärzten; Unterstützung einer Frau, die sich darüber beschwerte, dass sie aus der Sauna des Bismarckbades verwiesen wurde, weil der Faden ihres Tampons zu sehen war, was zu Beschwerden von Seiten einiger männlicher Besucher geführt hatte. Dazu schaltete sich auch die Leitstelle für die Gleichstellung der Frau ein und die das Bad betreibenden Hamburger Wasserwerke beteuerten, dass auch menstruierende Frauen Zugang zu den Saunen hätten und sie eine Schulung für die Mitarbeitenden durchführen werden.
Aus der Gruppe „Situation der Ausländerinnen“ entstand Ende 1981 eine eigenständige Gruppe. Dazu die beiden Autorinnen: „Ende 1981 trennte sich die Ausländerinnengruppe von der AFI. Lange, z. T. zermürbende Diskussionen waren dieser Entscheidung vorausgegangen, die notwendig geworden war, weil ein Teil der Frauen gezielter mit ausländischen Frauen weiterarbeiten wollte als im bisherigen Rahmen neben Beruf und Familie. Das Zeitproblem wurde zunehmend inhaltlich sehr kontrovers diskutiert, (…).“ (S. 206). Es entstand aus der Gruppe INCI (Internationale Cultur und Information für Frauen).
„Die AFI lebte, arbeitete und feierte Feste. Ungefähr 5 Jahre lang. So wie sie auf den Wogen der politischen Entwicklung im Lande entstand, verebbte sie mit deren Abnehmen ab 1984 langsam. Die Wende machte auch vor der AFI nicht halt. Die Frauen ‚bröckelten ab‘ und privatisierten mehr und mehr, neben Beruf und Familie wurde die Zeit knapp, frau wurde älter(?) oder engagierte sich woanders, z. B. in der Grün-Alternativen Liste (GAL) [siehe auch unter: GAL-Frauenfraktion]. Der parlamentarische Weg der Linken wurde heiß und sehr kontrovers diskutiert, es hieß z. B., er würde viele Kräfte binden, die den Initiativen fehlten. Dennoch erschien dies vielen als einzige politische Alternative, die sich damals bot. Es war denn auch eine AFI-Frau, die den ersten Vorsitz im Frauenausschuß der Bezirksversammlung Altona übernahm.“ (S. 208). Die AFI bestand bis 1985.
Text: Rita Bake