Biografien-Datenbank: Frauen aus Hamburg

Frauenklub Hamburg

Neuer Jungfernstieg 19 im Amsinck-Haus (ehemals), heute seit 1969 Sitz des Übersee-Clubs e. V.
Siehe auch unter: Elisabeth Meyer


Ausschnitt aus dem Szenischen Rundgang "Immer wieder Theater mit den Frauen", (Sprecherinnen: Rita Bake, Beate Kiupel)

1910 wurde das Haus Neuer Jungfernstieg 19 für einige Jahre zur Adresse des exklusiven Frauenklubs Hamburg, der 1906 von der Ortsgruppe Hamburg des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) zum geselligen Beisammensein unter Gleichgesinnten gegründet worden war. Für die Mitglieder, die hauptsächlich aus der oberen, der „tonangebenden“ Gesellschaftsschicht kamen,

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Neuer Jungfernstieg 19

stand die Verfolgung der eigenen Interessen im Mittelpunkt des Klublebens und nicht – wie es bei den vielen Frauen-Wohltätigkeitsvereinen der Fall war – die Hilfe für andere. So hieß es denn auch in der Klubsatzung: „Der Frauenklub Hamburg bezweckt, die geistigen, sozialen und materiellen Interessen seiner Mitglieder zu fördern und zwar zunächst durch folgende Veranstaltungen:
a. Lese- und Schreibzimmer
b. Gesellschaftsräume
c. Erfrischungsräume
d. Schlafzimmer für Mitglieder oder von diesen eingeführte Gäste
e. Ausstellungsräume für schriftstellerische, künstlerische und kunstgewerbliche Erzeugnisse seiner Mitglieder.“ [1]
Drei- bis viermal die Woche bot der Klub nachmittags und abends kulturelle Veranstaltungen, Diskussionsabende und Bildungskurse an. Die Lese- und Schreibzimmer wurden rege genutzt, hauptsächlich von denjenigen Frauen, die außerhalb Hamburgs wohnten und den Klub in der Innenstadt als standesgemäße Aufenthaltsmöglichkeit nutzten. Wer Mitglied werden wollte, musste von zwei Mitgliedern schriftlich empfohlen werden. Männer hatten als Gäste nur zu bestimmten Veranstaltungen Zutritt und dann auch nur zu den Erfrischungsräumen.

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Innenseite Einladungskarte für Frau Braunschmidt 18.2.1930

„Der ‚Frauenclub Hamburg‘ war also zunächst einmal eine Gruppe von Frauen, die sich eigene Räume für Veranstaltungen organisierten. Der Klub sollte ein ‚Gesellschaftshaus‘ werden, in dem ‚die gebildeten Frauen Hamburgs einen geistigen Mittelpunkt, eine Stätte künstlerisch, beruflicher und anregender Förderung‘ finden sollten. Als Mitgliederkreis waren Lehrerinnen, Malerinnen, Pianistinnen, Journalistinnen und andere künstlerisch oder freiberuflich tätige Frauen vorgesehen. Gesellschaftliche Schranken sollten zwar abgebaut werden, doch war der Kreis der Mitglieder nicht offen für alle. (…)

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Vorderseite Einladungskarte für Frau Braunschmidt 18.2.1930

Auch hoffte der Vorstand, daß der Klub als ein verbindendes Element für die einzelnen Frauenvereine dienen könnte. (…) Unter den Gründungsmitgliedern befanden sich prominente Vertreterinnen der gemäßigten Frauenbewegung, wie Helene Bonfort, Bertha Wendt, Marie Kortmann und Bertha Rohlsen (…)“ [2] Bertha Rohlsen (9.4.1852 - 2.12.1928) wurde Vorsitzende des Klubs. Sie war die Ehefrau des Konsuls Gustav Rohlsen und Schwester von Martha Rauert (11.9.1869–25.9.1958), die mit dem Juristen Paul Rauert verheiratet und passives Mitglied der Künstlervereinigung „Brücke“ war (gegr. 1905 in Dresden von Malern des Expressionismus). Martha und Paul Rauert besaßen eine große Kunstsammlung und luden zu Musikabenden und Lesungen in ihr Haus ein. Auch Bertha Rohlsen war seit 1908 Mitglied der „Brücke“, und so wurde der Frauenklub Treffpunkt für Kunstliebhaberinnen. Luise Schiefler, eine der Gründerinnen des Frauenklubs, hielt dort Vorträge über Graphik. Weitere Mitglieder des Klubs waren u.a. Ida Dehmel und die Kunsthistorikerin Rosa Schapire.
„Gebildete Frauen, die in gewerblichen Berufen tätig waren, fühlten sich offenbar nicht angesprochen bzw. meinten, den im Klub gepflegten Standard hinsichtlich der Kleidung und der zur Verfügung stehenden Zeit nicht entsprechen zu können. Eine anonyme Leserbriefschreiberin führte 1909 dazu aus: ‚Gerade in seiner glänzenden Ausstattung und dem vornehmen Ton, der dort herrscht, ist er ein wenig geeigneter Aufenthalt für die vielen gebildeten Damen, die tagtäglich in der Arbeit stehen und sich abends, oft schon recht ermüdet, nach einem zwanglosen Verkehr mit Gleichgesinnten sehnen, um sich neuen Mut zur Arbeit zu holen …). Da haben wir keine Zeit, erst große Toilette zu machen; wie unbeholfen aber fühlt man sich in seinem sonst so geliebten Arbeitskleid gegenüber den feinen Toiletten der anderen Damen und in den eleganten Räumen.‘“[3] So wurden denn auch 1909 und 1910 zwei weitere Frauenklubs gegründet, die sich mehr an die anderen Frauen wendeten. Siehe dazu unter Frauenklub Hamburg 1909 und Neuer Frauenklub Hamburg.
1911 besaß der Frauenklub Hamburg 765 Mitglieder.
Auf der Website des Deutschen Lyceum-Klubs Hamburg e. V., der sich in der Tradition des Frauenklubs Hamburg sieht, heißt es zur Geschichte des Klubs: „Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 ändert sich das Clubleben. Das Haus am Neuen Jungfernstieg wird von den Eigentümern verkauft, und der Frauenklub Hamburg ist heimatlos, bis er 1920 im Uhlenhorster Fährhaus eine neue Bleibe findet. (…) 1933 wird der ‚Deutsche Lyceum-Klub‘ in Berlin von den Nationalsozialisten gezwungen, sich dem ‚Kampfbund für die Deutsche Kultur‘ anzuschließen und die nicht arischen Mitglieder aus den leitenden Stellungen auszuschließen. Alle Vorsitzenden der deutschen Frauenklubs, auch der Vorstand des Frauenklubs Hamburg, werden in Berlin von den neuen Machthabern auf die nationalsozialistische Ausrichtung ihrer Clubs verpflichtet. Im Jahr 1938 wird der Hamburger Club in ‚Deutscher Frauenclub Hamburg e.V.‘ umbenannt, erhält die gleiche Satzung wie der ‚Deutsche Lyceum-Club e.V.‘ in Berlin und wird damit dem Deutschen Frauenwerk angeschlossen. Ein Jahr später ziehen Vorstand und Mitglieder des Hamburger Clubs die Konsequenzen aus der politischen Lage und lösen unter der Leitung der Clubpräsidentin Gertrud Behrens in der Mitgliederversammlung vom 8.11.1939 den Verein auf. Während des Krieges treffen sich frühere Clubmitglieder in der Privatwohnung von Henriette Braunschmidt, Präsidentin von 1963 – 1971. Im Juli 1947 beendet die Mitgliederversammlung die Liquidation des Vereins und nimmt die Vereinstätigkeit unter dem Namen ‚Lyzeumklub, Frauenklub Hamburg e.V.‘ wieder auf. Präsidentin ist Gertrud Mattheides, die interessante Referenten zu den Clubtreffen einlädt. Auch werden wieder junge Talente finanziell gefördert. Die Vorsitzende der Internationalen Vereinigung der Lyceum Clubs, Madame Sprecher-Robert, kommt aus Zürich und nimmt den Hamburger Club offiziell in den Internationalen Verband der Lyceum Clubs auf. In Übereinstimmung mit den internationalen Richtlinien heißt der Club jetzt ‚Deutscher Lyceum Club Hamburg e.V.‘ In den folgenden Jahren erweitert der Club sein Angebot für die Mitglieder und führt französische und englische Nachmittage und einen literarischen Kreis ein. In den Räumen des ‚Hotel Reichshof‘ in der Kirchenallee findet der Club eine neue Heimat.Seit 1978 ist der Club Mitglied im Landesfrauenrat Hamburg. Im Jahr 1986 richtet der Hamburger Club unter dem Thema ‚Neue Perspektiven für die Frauen am Ende des 20. Jahrhunderts‘ den Internationalen Kongress der weltweiten Lyceum Clubs unter der Schirmherrschaft der Gattin des Bundespräsidenten, Marianne von Weizsäcker, in der Hansestadt aus. Die damalige Präsidentin des Clubs, Gertrud Eichmeyer, und ihr Team bieten Teilnehmerinnen aus dreizehn Ländern ein anspruchsvolles und abwechslungsreiches Programm. Erstmalig wird eine Ausstellung ausgerichtet mit Werken von Künstlerinnen, die Mitglieder der Lyceum Clubs sind. Durch kurze Amtszeiten der jeweiligen Präsidentinnen durchlebt der Club schwierige Zeiten, bis Anne-Lore Michaelis 1992 die Führung übernimmt. Ihr positiver Einfluss und das Angebot interessanter Vorträge führen wieder zu reger Beteiligung am Clubleben. 2004 ernennt der Internationale Lyceum Club Hamburg sie zur Ehrenpräsidentin.
Im Jahr 1998 übernimmt Christa Glahn das Amt der Clubpräsidentin. Das Clubprogramm enthält neben kulturellen auch sozialpolitische und philosophische Themen. In den Jahren 2003 und 2004 werden Partnerschaften mit den Lyceum Clubs in Konstanz und Stockholm begründet. Die Mitgliederversammlung wählt Gabriele Steffen im März 2006 zur Präsidentin, ab 2011 übernimmt Monika Blank auf eigenen Wunsch für die Dauer eines Jahres das Amt. Im Oktober 2006 feiert der Internationale Lyceum Club Hamburg mit Mitgliedern und zahlreichen Gästen aus dem In- und Ausland sein 100-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass wird eine Festschrift erarbeitet, zu der Frau Professor Dr. Karin von Welck, Kultursenatorin der Freien und Hansestadt Hamburg, das Grußwort schreibt. Seit 2012 ist Ingrid Ansorge Clubpräsidentin – Projekt- und Interessengruppen sowie spontane „Extratouren“ zu aktuellen Veranstaltungen erweitern jetzt das laufende Clubprogramm.“ www.lyceumclub-hamburg.de/geschichte/
Text: Rita Bake